Der Tag, an dem das Internet in die Schweiz kam

Der gestrige 29. Oktober gilt als «Tag des Internets». Wann eigentlich begann der Siegeszug des Internets? In der Schweiz lässt sich das auf den Tag genau sagen: Am 16. September 1996. Und das hat einen einfachen Grund:

Es war ein trüber Montag. Und ein kühler dazu. Nur mit Mühe kletterten die Temperaturen über die 10-Grad-Marke. Eigentlich ein Septembertag zum Vergessen. Tatsächlich aber ging dieser Tag in die Schweizer Internet-Geschichte ein. Denn es war so etwas wie der Tag Null des breit zugänglichen Internets. Es war der Tag, an dem das Netz von den Nerds an die Allgemeinheit überging.

Denn an diesem 16. September 1996 wurde das Internet einfach und bezahlbar. Um das zu verstehen, muss man zuerst einmal wissen, wie es zuvor war. Das weltweite Netz war bis dahin ein Luxusgut, das sich vor allem Freaks und Firmen leisteten. Dabei war der damals übliche STUNDENTARIF (!!!) von 5 bis 10 Franken und die zusätzliche Monatsgebühr von 40 bis 100 Franken nicht einmal das grösste Problem.

War bis 1996 das meistgenutzte Schweizer Online-Medium: der kryptische Videotext.

Videotext anno 1996

Videotext anno 1996

Viel mehr zu Buche schlug die Telefonverbindung, die für den Zugang damals noch unabdingbar war. Und die hatte es in sich: Trotz einer Preissenkung im Sommer 1996 schlug ein Ferngespräch – also eine Verbindung ausserhalb der eigenen Vorwahlzone (zB. 031) – mit 12,5 Rappen (von 17 bis 19 und ab 21 Uhr) beziehungsweise mit 25 Rappen pro Minute (während den übrigen Zeiten) zu Buche. Eine Stunde täglich im Web zu surfen konnte sich so auf über 500 Franken pro Monat summieren… Dies galt vor allem für die Bewohner auf dem Land, da viele Internetprovider nur Zugangsnummern in grossen Städten anboten.

Das änderte sich am 16. September 1996. Denn an diesem Tag öffnete «The Blue Window». Das «blaue Fenster» war eine Tochterfirma der Telecom PTT, der Vorgängerin der heutigen Swisscom, in Kooperation mit einem weiteren Unternehmen und Schweizer Verlagshäusern. Das Spezielle: The Blue Window bot schweizweit einen Internetzugang zum lokalen Telefontarif an – sprich für 3,3 Rappen im Nieder- und 6,6 Rappen im Hochtarif. Hinzu kam eine vergleichsweise günstige monatliche Grundgebühr von 25 Franken, in der 20 Stunden Surfzeit ohne weiteren Aufpreis inbegriffen waren. Wahnsinn!

Per BBS-Mailboxen tauschten sich die Web-Pioniere aus. Mit dem Siegeszug des Internets verschwanden dann auch all diejenigen Online-Dienste, die bis im Sommer 1996 die Nase vorn hatten. Videotext etwa kam zu den besten Zeiten auf mehrere 100’000 Schweizer Anwender, im regionalen Markt dominierten von Freaks betriebene und untereinander vernetzte BBS-Mailboxen und von den USA kommend warb CompuServe ) um die Modems der Schweizer Kunden (auch ich hatte eine CompuServe-Adresse. Sie alle sind inzwischen Geschichte – The Blue Window aber nicht ganz: Die Marke wurde Anfang der 2000er-Jahre in die Swisscom integriert und lebt heute noch als Newsportal Bluewin.ch, jetzt Bluenews.ch sowie in unzähligen E-Mail-Adressen weiter.

Wann wart ihr den zum ersten Mal online? Und welche Erinnerungen habt ihr daran?

Startseite des “The Blue Window” Angebotes in augenschmerzendem Blau…

Startseite des “The Blue Window” Angebotes in augenschmerzendem Blau…

Habt ihr Ideen die ihr mit einem Profi fotografisch umsetzen möchtet?
Dann zögert nicht mich zu kontaktieren. Ich bin gerne mit dabei!